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GESCHICHTE UND MYTHOLOGIE

«Msystische Wesen».

GESCHICHTE DER ZIEGENHALTUNG

Die Ziege gehört zu den ersten domestizierten Tieren, was durch verschiedene archäologische Funde die 10‘000 Jahre alt sind belegt werden kann. Die wilden Vorfahren unserer Hausziegen sind die Bezoarziegen. Sie wurden durch den Menschen domestiziert und durch Zucht verändert. Durch die Haltung von Ziegen hatte man Fleisch als auch Leder und musste weniger jagen. Das Ziegenleder ist weich und trotzdem robust - Eigenschaften, die es für die frühen Menschen unentbehrlich machten. Auch der Mann vom Tisenjoch, der besser bekannt ist als Ötzi, trug Kleidung aus Ziegenleder.


Die Ziegen halfen auch mit die Landschaft zu entbuschen und freie Flächen für den Ackerbau zu schaffen. Mit dem Züchten der Ziegen erkannten die Menschen den Nutzen der Ziegenmilch. Ziegen waren durch ihren vielseiteigen Nutzen eines der wichtigsten und wirtschaftlichsten Haustiere. Sie konnten zudem aus magerem, extensivem Futter so viel herausholen, dass sie dennoch Fleisch ansetzten und gut Milch gaben. Weiter dienten Ziegen als Zugtiere vor Kutschen und Wagen, als Lasttiere und teilweise wurden sie sogar zum Pflügen eingesetzt.

Merkmale der Domestikation und Zucht
Neben verschiedenen Fellfarben, Muskelausprägungen und Milchleistungen, führte die Zucht auch zu anderen Veränderungen wie etwa den charakteristischen Zöttelchen, welche die meisten Ziegen am Kehlbereich tragen. Für diese Hautausstülpungen gibt es viele verschiedene Namen wie z.B. Zipfel, Bommel, Troddeln, Quasten, Zotteln, Hautsäckchen, Glankeln, Mengei oder Lämmeli. Dabei ist die eigentliche Bezeichnung dafür Appendices (lat. für Zusatz, Anhang) colli (lat. für Hals) Glöckchen oder Berlocken. Im Englischen werden sie als Wattles bezeichnet.

Erst vermutete man, dass es sich bei den Auswüchsen um Überbleibsel von Drüsen handelte. Da jedoch nur domestizierte Ziegenrassen dieses anatomische Merkmal aufweisen, wurde diese Theorie verworfen. Sie werden unabhängig von der Rasse genetisch von den Eltern an ihre Jungen weitergegeben und finden sich ausschliesslich bei den domestizierten Ziegenrassen. Keine der Ziegen-Wildformen trägt Glöckchen und man vermutet, dass es sich um ein anatomisches Merkmal der Züchtung handelt. Bei den Zöttelchen handelt es sich um durchblutetes Bindegewebe, Muskulatur und Nerven. Eine eindeutige biologische Funktion konnte bis heute nicht nachgewiesen oder erklärt werden.


Mit und ohne Horn
Inzwischen gibt es auch genetisch hornlose Rassen. Jedoch muss für die Zucht immer ein Elternteil mit Horn sein, denn sonst ist das Risiko hoch, dass die jungen unfruchtbare Zwitter werden. Es scheint, als wehre sich die Natur gegen die Hornlosigkeit der Ziege. Die Hörner dienen der Ziege zur Kommunikation in der Herde. Sie kann sich damit Verteidigen und Körperpflege betreiben. Zudem sind die Hörner ein wichtiges Organ für den Temperaturausgleich. Es gibt auch Vermutungen, dass die Hörner eine Art Antenne sind die ähnlich wie eine Wünschelrute funktionieren. Ziegen sind Strahlenflüchter und ihre Hörner helfen ihnen womöglich dabei Erdverwerfungen und Wasseradern zu meiden. Es ist deshalb höchst fragwürdig den Ziegen ihre Hörner zu nehmen. Bei Gitzis die nicht genetisch hornlos auf die Welt kommen, werden die Hornansätze ausgebrannt. Ein sehr heikler und trotzt Narkose schmerzhafter Eingriff. Die Schädeldecke der kleinen Ziegen ist sehr dünn und um die Hornansätze vollständig zu versengen, muss ein ziemlich grosser Teilbereich abgebrannt werden. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass das Gehirn des Tieres Schaden nimmt. Auch die Narkose an sich stellt einen weiteren Risikofaktor dar. Die Dosierung muss genau stimmen damit das Tier vom Eingriff nichts mitbekommt aber danach auch wieder aufwacht. Wenn die Gitzis dann nach der Narkose aufwachen verhalten sie sich lethargisch und kühlen ohne Wärmequelle schnell aus.
Bei einer Studie des Tierspitals Bern stellte sich heraus, ca. ein Drittel der Gitzis ungenügend anästhesiert wurden. Dies führte dazu, dass Tierhalter seit 2020 nicht mehr selbst ihre Ziegen enthornen dürfen und diesen Vorgang einem Tierarzt überlassen müssen. Zuvor mussten Tierhalter lediglich einen Theoriekurs belegen und schon durften sie selbst Hand anlegen.
Wieso aber das ganze Prozedere des Enthornens? Es wird das Sicherheitsrisiko der Verletzungsgefahr genannt. Klar können Hornstösse zu Verletzungen führen. Wenn die Ziegen jedoch genügend Platz zum Ausweichen hat, kommt es in der Regel nie zu solch unschönen Zwischenfällen. Das Enthornen ist eine Massnahme, um Ziegen in zu kleinen Ställen halten zu dürfen. Enthornte Ziegen geraten zudem öfters aneinander, da ihnen die Kommunikation ohne Hörner schwerer fällt. Es wird Zeit, dass in diesem Bereich ein Umdenken stattfindet.

Die Bündner Strahlenziege
Es gibt zahlreiche Ziegenrassen mit verschiedenen Zuchtmerkmalen. Persönlich liegen mir die alten ProSpecieRara Rassen der Schweiz sehr am Herzen und so fanden dann auch ohne Suchen zwei Bündner Strahlenziegen zu mir, die den Beginn meiner kleinen Ziegenherde bildeten. Die Bündner Strahlenziege ist sehr robust, widerstandsfähig und legt auf der Suche nach Weideplätzen oft lange Märsche und Kletterpartien zurück. Die aus Graubünden stammende Ziegenrasse wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts als Schwarze Gebirgsziege in der Literatur erwähnt. Zu Beginn der 1990er-Jahre war die Bündner Strahlenziege beinahe ausgestorben. Der Bestand hat sich bis heute zum Glück wieder etwas erholt und ist auch weiterhin auf leicht zunehmendem Kurs. Dennoch zählt sie immer noch zu den gefährdeten Ziegenrassen.
Die Rasse ist durch ihre schöne Kopfzeichnung, zwei weisse Strahlen die von den Hörnern über das Gesicht bis zum Maul laufen, unverkennbar. Weiter sind die Unterseite des Schwanzes, der Po sowie die Gliedmassen weiss. Ansonsten ist das kurze, glatte Fell der Bündner Strahlenziege anthrazit bis tiefschwarz gefärbt. Als typische Bergziegen lieben sie gut strukturierte Weiden und erklettern auf der Suche nach kräuterreichen Gebieten problemlos auch unwegsames Gelände.

DAS WESEN DER ZIEGE

Die Ziege hat mit ihrem speziellen Charakter den Ursprung verschiedener Wörter geprägt. So nutzen wir das Wort kapriziös (ziegenhaft) wenn jemand auf attraktive Weise launisch, eigenwillig und unberechenbar ist. Mit zickig oder bockig wird ein unwilliges oder stures Verhalten beschrieben.
Ziegen sind unglaublich futterneidisch, neugierig, wählerisch, verschmust, frech und lebensfroh. Sie lieben es draussen zu sein aber scheuen den Regen und den kalten Wind. Ziegen sind aufmerksam und unternehmenslustig. Es sind Feinschmecker und sie fressen am liebsten Blätter, Knospen, Rinden, Blüten und junge Kräuter. Sie sind geschickte Kletterer und haben Freude an der Bewegung.
Ziegen sind gesellige Herdentiere jedoch ist unter ihnen eine strickte Rangordnung festgelegt. Die Hörner helfen dabei die Rangordnung zu bestimmen. Wenn zwei grosse Ziegen mit voller Wucht die Köpfe aneinanderprallen macht das schon ziemlich Krach
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Symbolische Bedeutung der Ziege

Ziegen gelten für Überlegenheit, da sie an hoch gelegenen Orten leben. Dies passt auch zur hinduistischen Vorstellung, dass die Ziege für das höhere Selbst steht. Die weibliche Ziege steht für Fruchtbarkeit und Fortpflanzungskraft sowie für Vitalität, Überfluss (Füllhorn), das Nährende, das Gute und den Frieden. Vermutlich gehörte die Ziege zu den ersten gängigen Zahlungsmitteln. Auch im Alten Testament wird an diversen Stellen von Ziege, Kitz oder Bock als Entgelt gesprochen. Die Ziege war somit ein Symbol für Geld, Wohlstand und Status.
In China steht sie für Fülle, Lebensenergie und inneren Reichtum. Ziegenböcke stehen für die Männlichkeit, Wollust, Lüsternheit, überschäumende Lebenskraft und schöpferische Energie.
Im Christentum steht die Ziege und insbesondere der Ziegenbock für den Teufel, die Verdammten, die Ungläubigen und Sünder. Wegen ihres starken Körpergeruchs der dadurch entsteht, dass die Böcke sich anpinkeln, gelten Ziegenböcke auch für die Unreinheit. Durch ihr auffallendes Verhalten zur Brunstzeit stehen sie für sexuelle Perversion und animalisches Verhalten. Wieder einmal, wurde durch das Christentum Lebensfreude und Fruchtbarkeit zu etwas Schlechtem gemacht. Doch trotz der teuflischen Symbolik verspeist Christ dann zu Ostern das Ostergitzi zum Mittagessen, das als Opfer eines unschuldigen und reinen Wesens gilt.


Die Ziege als Krafttier
Die Ziege fordert uns als Krafttier auf, uns mit der Erde zu verbinden, raus in die Natur zu gehen und die Fülle des Lebens anzunehmen und zu geniessen. Als Kennerin der Heilkräuter kann sie uns Wissen über die Kunst des Heilens vermitteln. Sie lehrt uns unseren Körper kennenzulernen und zu fühlen sowie durch Bewegung, Tanz und Sport zum Ausdruck zu bringen. Sie hilft uns dabei fit zu werden und einen gesunden Körper zu haben.
Die Ziege ist eine gute Seelenführerin die uns zu Fülle und Reichtum führt. Sie begleitet uns dabei eine Gemeinschaft zu finden und gemeinsam das Leben zu feiern sowie die schöpferischen Kräfte auszuleben. Sie bringt Liebe, Wärme und Geborgenheit.
Sie meckert wenn etwas nicht stimmt und zeigt uns, wie wir die Rolle des Sündenbocks aufgeben und unsere Schatten auflösen können. Alles was nicht in unser Energiefeld gehört wird auf die Hörner genommen und weggeboxt. Die Ziege gibt uns Kraft unserem Weg zu folgen und aus Fehlern zu lernen. Sie verbindet uns mit vitaler Lebenskraft, aktiver Sexualität und der Schöpferkraft. Sie lehrt uns Dinge zu manifestieren, alle Möglichkeiten des Lebens auszuschöpfen und über den Horizont zu blicken.
Ziegen können aber auch Uneinsichtigkeit, mangelndes Selbstvertrauen, Ängstlichkeit, Opferhaltung, Leichtgläubigkeit und ständiges herum jammern aufzeigen.

ZIEGEN IND DER MYTHOLOGIE

In der Literatur spielt die Ziege die Rolle der Eigensinnigen. Besonders der Ziegenbock wird mit magischen Kräften in Verbindung gebracht. Ziegen waren und sind bis heute beliebte Opfertiere. So wurden für Zeus und Hera, Artemis, Parvati, Silvanus, Faunus, Pan und andere Gottheiten regelmässig junge Ziegen geschlachtet. Auch die Ziegenmilch wurde gerne als Opfergabe dargebracht.
Ziegen wurden von den alten heidnischen Völkern sehr geschätzt. Eine Wandlung im Ansehen der Tiere geschah erst mit dem Aufkommen des Christentums. Auf einmal galten die zuvor mit Fruchtbarkeit, Reichtum und Fülle in Verbindung gebrachten Tiere als Verkörperung des Teufels und als Zeichen der Finsternis. Bei den Israeliten etwa, wurde ein Ziegenbock feierlich mit den Sünden des Volkes beladen und anschliessend in die Wüste verjagt. Daher auch der Ausdruck des Sündenbocks.

Die Ziegen am Hexensabbat
Während der Hexenverfolgung gab es die Vorstellung, dass sich Hexen in der Nacht treffen und wilde Feiern mit Dämonen und dem Teufel abhielten. In den Darstellungen des Hexensabbats fanden sich vielfach auch Ziegen bzw. Ziegenböcke. Dabei waren die Ziegenböcke verwandelte Dämonen und Teufel und die Ziegen verwandelte Hexen.


Baphomet
Baphomet war eine Symbolfigur die von den Tempelrittern verehrtes wurde. Der Ursprung ist jedoch unbekannt. Die Zeichnung des Baphomet von Éliphas Lévi zeigt eine menschliche Figur mit Ziegenfüssen, weiblichen Brüsten und mit dem Kopf eines Ziegenbocks, der auf der Stirn ein Pentagramm trägt. Für seine Darstellung inspirierte er sich von alten heidnischen Göttern der Fruchtbarkeit. Baphomet ist die Darstellung des Absoluten. Die Fackel zwischen den Hörnern steht für Intelligenz und die göttliche Offenbarung. Das Pentagramm auf der Stirn ist ein Symbol für den Makrokosmos Die Hände zeigen das hermetische Prinzip „wie oben, so unten“. Der untere Teil der Figur ist verschleiert und stellt das Mysterium der universellen Zeugung dar, welche nur durch das Symbol des Hermesstabes angedeutet ist


Die Ziegenböcke des Donnergottes
Der germanische Gott Thor, oder bei uns eher Donar genannt, gebietet über Blitz und Donner und fährt mit seinem Wagen, der von zwei Ziegenböcken gezogen wird, über den Himmel. Die Böcke heissen Tanngrisnir (Zähneknirscher) und Tanngnjöster (Zähneknisterer). Die Namen entsprechen dem Geräusch des in Zacken niederfahrenden Blitzes, analog zu dem lauten Geräusch durch Donars fahrenden Wagen. Donar war nicht nur ein sehr starker Gott, er brachte auch Regen und Fruchtbarkeit. Der Ziegenbock galt als Sinnbild männlicher Zeugungskraft und des sexuellen Triebes, der das Leben brachte.
In einer Sage schlachtet Thor eines Abends seine beiden Böcke und verspeiste sie. Nur noch die Felle und die Knochen waren übrig. Am nächsten Morgen machte er sie mit Hilfe seines Hammers Mjölnir wieder lebendig.


Die Ziege Heidrun
Andhrimnir ist Koch in Asgard und zuständig für die Verpflegung der Einherjer, jene im Kampf gefallene Helden die Odins Heer bilden. Neben einem Eber der sich immer wieder neu zusammensetzt, besitzt Andhrimnir eine Ziege mit Namen Heidrun. Aus ihrem Euter kam honigsüsser Met der den Walküren gereicht wurde. Die Ziege ernährte sich von den Blättern des Weltenbaumes Yggdrasil.


Amaltheia
Um einer Weissagung zu entgehen, in der es hiess, dass er durch eines seiner Kinder vom Thron gestürzt werde, verschlang Kronos alle seine Kinder die ihm Rhea gebar. Als sie schliesslich Zeus gebar trickste Rhea ihren Gemahl aus, indem sie ihren Sohn in einer Höhle versteckte und ihm einen, in Stoff eingewickelten Stein zum verspeisen gab. Rhea wählte als Amme die Ziege Amaltheia. Ihr Name bedeutet „die Zarte“ und ihrem Euter entsprang Milch so süss wie Honig und Ambrosia. Mit dieser Nahrung wuchs Zeus rasch zu einem jungen und kräftigen Mann heran. Nachdem Zeus seinen Vater Kronos bezwingen konnte und zum Göttervater ernannt wurde, ehrte er seine Amme und versetzte sie als Ziegen-Stern an den Nachthimmel. Der Stern Capella was „kleine Ziege“ bedeutet ist einer der hellsten Sterne und Hauptstern des Sternbildes des Fuhrmanns.


Dionysos und sein wildes Gefolge
Wie Zeus, soll auch Dionysos von der Ziege Amaltheia gesäugt worden sein. Dionysos ist der Gott des Weines, der Vegetation, der Ekstase und der Fruchtbarkeit. Seinem wilden und feierndem Gefolge schlossen sich neben Nymphen auch Satyre an. Satyre sind Naturgeister und die männliche Entsprechung der Nymphen. Sie gelten als wild, zügellos und lüstern. Auch der römische Gott Bacchus der dem griechischen Dionysos entspricht, wird mit Ziegen in Verbindung gebracht und wird oftmals mit ihnen dargestellt

Pan
Aus der Vereinigung von Hermes und der Nymphe Dryope kam der Satyr Pan hervor. Andere Quellen nennen Zeus und Kallisto oder Zeus und Amaltheia als seine Eltern. Dryope wollte das Kind jedoch nicht haben, da es Hörner trug und den Unterleib eines Ziegenbockes hatte. Zunächst brachte Hermes seinen Sohn auf den Olymp. Pan liebte wie sein Vater die Musik, konnte jedoch trotz üben keine schöne Melodie spielen. Man wurde seinen lärmenden, musikalischen Übungsstunden bald überdrüssig und so musste er den Olymp verlassen. Es zog ihn in die Gebirge Arkadiens wo die Ziegenherden der Hirtenvölker grasten. Pan hatte eine Vorliebe für hübsche Nymphen. Jedoch scheuten diese vor seiner ungestümen und lüsternen Art zurück. Die Nymphe Syrinx die von Pan verfolgt wurde, erbat von den Göttern Hilfe, woraufhin sie in Schilfrohr verwandelt wurde. Pan war darüber so enttäuscht, dass er sich einige Schilfrohre abschnitt und daraus seine berühmte Panflöte baute. Auf dieser Flöte konnte er nun endlich melodiöse Musik hervorbringen.
Pan ist der Vegetations-, Wald- und Weidegott sowie Schutzherr der Ziegen und Hirten. Er ist die Verkörperung der triebhaften Kräfte der Natur. Er streifte als Einzelgänger durch die Hügellandschaften und Wälder Arkadiens, suchte sich jedoch gelegentlich die Gesellschaft von Nymphen oder zog mit dem wilden Gefolge des Dionysos umher.
Die römische Entsprechung des Pan findet sich in Faunus, Gott der Natur und des Waldes, sowie Beschützer der Hirten und Bauern. Er trug auch den Beinamen Lupercus, was Wolfabwehrer bedeutete. Sein Fest, die Lupercalia war ein Reinigungs- und Fruchtbarkeitsfest und wurde am 15. Februar gefeiert.


Iuno Caprotina
Die römische Göttin Iuno, was die „die Junge“ oder „die Vitale“ bedeutet, war die Gemahlin des römischen Hauptgottes Iuppiter und die höchste römische Göttin. Alte Schriften berichten, dass in der Landwirtschaft neben Ceres, Ianus und Iuppiter vor allem die römische Göttin Iuno grosse Verehrung fand. Als Schutzherrin des Kleinviehs und der Nutzbäume gehörte die Göttin Iuno zum ganz alltäglichen, ländlichen Kult. Besonders im Aspekt der Weidegöttin Iuno Caprotina, galt sie als die Schutzherrin der Ziegen.
Infolge ist die Ziege das bevorzugte Tier der Göttin. Auf manchen Darstellungen trägt sie zudem ein Ziegenfell über dem Kopf. Dabei zieren Hörner das Haupt der Göttin. Hörner an weiblichen Figuren unterstreichen deren Macht und die weibliche Kraft.

Hexensabbat von Francisco de Goya, 1798
The Great God Pan von Norman Price
ZIEGEN IN DER VOLKSMAGIE, DER HEILKUNDE UND DEM BRAUCHTUM

Da man glaubte, dass Ziegenböcke mit dunklen Mächten in Verbindung standen, wurde in der bäuerlichen Volksmagie oftmals ein Ziegenbock im Kuhstall gehalten. Dieser sollte wie ein Blitzableiter funktionieren und Krankheiten von den Kühen auf sich selbst ableiten. Teilweise wurde auch gesagt, dass der Gestank des Bockes die Krankheiten vertreibe. Zudem sollte er die Fruchtbarkeit der Tiere im Stall erhalten und fördern. Es gibt in der Schweiz noch heute Bauern die deshalb einen Ziegenbock in ihrem Stall halten.
In Wales wurde Ziegen noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts besonders Achtung entgegengebracht, denn man schrieb ihnen geheime spirituelle Kräfte zu. Man nahm an, dass sie in Verbindung mit dem Elfen- und Koboldvolkes standen, da sie mehr zu wissen schienen als sie zeigten.


Die Ziege als guter Hausgeist
Darstellungen von Ziegen, meist mit weissem Fell, an Häusern, Fenstern und Schlössern sollen Hab und Gut bewachen, für genug Nahrung sorgen und Wohlstand ins Haus bringen. Bei den ausgegrabenen Überresten von römischen Tavernen wurden oftmals Reliefdarstellungen von Ziegen gefunden.

Bezoar

Beim Bezoar handelt es sich um einen Magenstein der Bezoarziege. Teilweise stammten die Steine auch von anderen Tieren wie Gämsen oder Rindern, waren dann aber weniger wert. Ein Bezoar besteht aus verschluckten und unverdauten Materialien wie Haare, Harze und Steinchen. In der Volksmedizin wurde er als «Stein gegen alle Gifte», «Gesundstein» und «Magenstein» bezeichnet. Im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit wurde er als Mittel gegen Vergiftungen verwendet, indem man ihn gerieben und in kleinen Mengen mit Flüssigkeit eingenommen hat. Auch gegen Epilepsie, die Pest oder Melancholie soll der Bezoar gewirkt haben. Der Bezoar konnte aber auch nur in die Flüssigkeit getaucht werden, wozu er in eine kostbare Fassung eingelassen wurde. Mit reichen Goldschmiedearbeiten versehen, stellten Bezoare nicht nur wichtige medizinische Mittel, sondern auch wertvolle Fürstengeschenke dar.

Die kräuterkundige Ziege
Ziegen halten sich, wenn sie die Möglichkeit haben, selbst gesund und nutzen zu diesem Zweck auch Pflanzen mit toxischen Inhaltsstoffen. Dabei fressen sie nur so viel, dass sie keinen Schaden nehmen. Es wurde beobachtet, dass Ziegen spezielle Kräuter fressen die z.B. gegen Wurmbefall und andere Erkrankungen helfen. Durch das Beobachten der Ziegen konnten so diverse Heilpflanzen und Stimulanzien entdeckt werden. Nach Überlieferungen zufolge hütete ein Ziegenhirte zwischen 600 und 800 n.u.Z. seine Herde in der Nähe des Roten Meeres. Bald bemerkte er, dass sich seine Ziegen merkwürdig verhielten. Sie sprangen wild umher und blieben länger wach als normal. Er beobachtete, dass dieses Verhalten immer auftrat, wenn die Ziegen von roten Beeren von einem kleinen Strauch gefressen hatten. Daraufhin probierte der Hirte selbst von den Beeren und erfuhr ein Gefühl der Belebung. Er teilte sein Wissen mit einem nahe gelegenen Kloster. Die Mönche bereiteten aus den Beeren einen Tee zu den sie „kahveh“ benannten - eine Urform des heutigen Kaffees. Auch die berauschende Wirkung des Kathstrauches wurde durch die Ziegen entdeckt.

Der Ziegenbock und Weihnachten
Der Ursprung, dass der Ziegenbock als weihnachtliches Symbol galt, ist in der Religion der Germanen zu finden. Der Ziegenbock steht für die immer wiederkehrende Fruchtbarkeit der Erde und galt als Verkörperung des Donnergottes Thor.
Bevor der Weihnachtsmann seinen beinahe weltweiten Siegeszug gemacht hat, brachte in Skandinavien der Julbock die Geschenke. Nach den verschiedenen skandinavischen Sagen stellte man sich den Julbock als ziegenartiges Wesen mit Hörnern vor. Im Sommer hält er sich in tiefen Wäldern oder unzugänglichen Bergen versteckt, um dann im Verlauf der Adventszeit den Höfen jeden Tag etwas näher zu kommen, bis er schliesslich am Heiligabend in die Häuser der Menschen eindringt. Seiner Ankunft gehen meistens seltsame Lichterscheinungen voraus. War er einmal im Haus, nahm er häufig zuerst wie ein Hausgeist hinter dem Ofen Platz. Auch wenn der Julbock vielmals als furchterregender Dämon dargestellt wird der kleine Kinder holte, war er doch ursprünglich ein positives Symbol der Fruchtbarkeit. Früher wurden verschiedenste Julbock Rituale zelebriert. In Schweden gab es den Brauch, den Julbock symbolisch zu erschlagen, ihn jedoch im Anschluss durch ein Lied wieder zum Leben zu erwecken. Diese Rituale lassen noch den einstigen Hintergrund des vorchristlichen Julfestes als Sonnwendfeier erkennen, bei der die Wiederkehr der Fruchtbarkeit für die Feldfrüchte, das Vieh und den Menschen für das folgende Jahr beschworen wurde. Heute ist der Julbock meist nur noch als Weihnachtbaumschmuck in Form von kleinen Nachbildungen aus Stroh zu finden.
Im Alpenraum kennt man eine Art des Julbocks unter dem Namen Habergeiss. Die Habergeiss ist eine Dämonengestalt einer Ziege mit Pferdehufen oder Vogelkrallen. In Volkssagen wird sie oftmals auch als dreibeiniger Geissbock mit glühenden Augen und langem Bart beschrieben. Sie ist das Haustier der Perchten und ist unglaublich stark. Je nach Region galt es als böses Omen, eine Habergeiss zu erblicken. Andererseits war sie ein Symbol für Fruchtbarkeit, Segen und Glück. Die Habergeiss ist auch eine Figur der traditionellen Perchtenläufe, die in der Vorweihnachtszeit im Alpenraum stattfinden. Das Kostüm ist über zwei Meter gross und entsprechend furchteinflössend. Sie trägt einen Tragekorb auf dem Rücken, in dem sie die unartigen Kinder mit sich nimmt.
Auch der Krampus, der Begleiter und Helfer des Nikolaus, hat einen solchen Korb auf seinem Rücken. Während der Nikolaus die braven Kinder belohnt, bestraft der Krampus die unartigen. Der Krampus wird als ein Wesen, halb Mensch halb Ziegenbock dargestellt. Er ist riesenhaft gross und am ganzen Körper schwarz behaart. Er hat ein furchteinflössendes Gesicht mit einer langen heraushängenden Zunge. Auf dem Kopf trägt er grosse Hörner. Zudem besitzt er einen Schwanz und in älteren Darstellungen sogar Flügel. Er trägt schwere Eisenketten mit denen er rasselt und Schellen um sein Kommen anzukünden. Ursprünglich war der Krampus ein Getreidegeist, der letzte Schnitter der Mittwinterzeit. Er reinigte und löste von Altem, wodurch er den Weg für die wiedergeborene Fruchtbarkeit bereitete.

Relief einer Ziege auf einem Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert, Kirche San Nicola (Giornico)
Quelle: Netz Natur; Ziegen – dem Teufel vom Karren gesprungen. SRF, 2015

Krampus Postkarte, 1910

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